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Investitionsvertrag Schiedsgerichtsbarkeit 2020

Autor: Milos Ivkovic

HINTERGRUND

Ausländische Investitionen

Wie ist die vorherrschende Haltung gegenüber ausländischen Investitionen?

Die österreichische Regierung hat bisher noch keine kristallisierte Politik zum Schutz ausländischer Investitionen bekannt gegeben.

Als allgemeine, nicht auf einen bestimmten Investitionsstreit bezogene Haltung weist das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten jedoch darauf hin, dass die Regierung offen ist für verbindliche internationale Schiedsverfahren als angemessene Alternative zu nationalen Gerichten bei der Streitbeilegung im Rahmen der geltenden bilateralen Investitionsabkommen (BITs).

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) trat am 1. Dezember 2009 in Kraft und legte die Zuständigkeit der Europäischen Union (EU) für Direktinvestitionen fest. Auf der Grundlage der übertragenen Zuständigkeit verabschiedeten das Europäische Parlament und der EU-Rat die Verordnung 1219/2012, nach der die bestehenden BIT (siehe Frage 5) vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission gültig bleiben, nachdem "geprüft wurde, ob eine oder mehrere ihrer Bestimmungen ein ernsthaftes Hindernis für die Aushandlung oder den Abschluss bilateraler Investitionsabkommen mit Drittländern durch die Union darstellen" (Verordnung 1219/2012, Artikel 5). Weiters leitete die Europäische Kommission Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf 12 von Österreich unterzeichnete und ratifizierte innergemeinschaftliche BITs (bilaterale Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten) ein.

Ungeachtet dessen unterzeichnete Österreich die Erklärung der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zu den Rechtsfolgen des Urteils des Gerichtshofs in Achmea und zum Investitionsschutz in der Europäischen Union vom 15. Januar 2019 (die Erklärung). In Übereinstimmung mit der Erklärung:

  • "Alle Investor-Staat-Schiedsklauseln, die in bilateralen Investitionsverträgen zwischen Mitgliedstaaten enthalten sind, verstoßen gegen EU-Recht und sind daher nicht anwendbar";
  • diese Schiedsklauseln "keine Wirkungen entfalten, auch nicht in Bezug auf Bestimmungen, die einen erweiterten Schutz von vor der Beendigung getätigten Investitionen für einen weiteren Zeitraum vorsehen (so genannte Sunset- oder Grandfathering-Klauseln)"; und
  • Ein Schiedsgericht, das auf der Grundlage von Investor-Staat-Klauseln eingerichtet wurde, ist nicht zuständig, weil der Mitgliedstaat, der Vertragspartei des zugrunde liegenden bilateralen Investitionsvertrags ist, kein gültiges Schiedsangebot unterbreitet hat.

Österreich verpflichtete sich mit anderen Unterzeichnerstaaten, "alle bilateralen Investitionsverträge, die zwischen (EU-Mitgliedsstaaten) abgeschlossen wurden, durch einen multilateralen Vertrag oder, wo dies gegenseitig als zweckmäßiger anerkannt wird, bilateral zu beenden", und zwar bis 6. Dezember 2019. Die Vereinbarkeit einer solchen Maßnahme mit dem Völkerrecht bleibt eine Frage der rechtlichen Debatte.

2. Welches sind die wichtigsten Sektoren für ausländische Investitionen im Staat?

Laut der offiziellen Datenbank der Österreichischen Nationalbank (OeNB) sind die wichtigsten Sektoren der ausländischen Direktinvestitionen (d.h. Investitionen ausländischer Investoren in Österreich): berufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungstätigkeiten, Finanzintermediation, Handel sowie Chemikalien, Mineralölprodukte und Arzneimittel. Eine umfassende Aufschlüsselung nach den jeweiligen Wirtschaftszweigen ist bequem unter www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=EN&report=9.3.41 abrufbar.

3. Gibt es einen Nettozu- oder -abfluss von ausländischen Direktinvestitionen?

Vergleicht man das Einkommen aus Direktinvestitionen im Inland mit dem Einkommen aus Direktinvestitionen im Ausland (d.h. Investitionen österreichischer Investoren an Bord), so kann ein Gesamtnettoabfluss ausländischer Direktinvestitionen festgestellt werden (vgl. www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=EN&report=9.3.41 mit www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=EN&report=9.3.11). Ungeachtet der ersteren kann ein signifikanter Netto-Zufluss in bestimmten Industriezweigen vorliegen, wie z.B. im Sektor der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen.

Gesetzgebung zu Investitionsabkommen

4. Beschreiben Sie die innerstaatliche Gesetzgebung, die Investitionsabkommen mit dem Staat oder staatlichen Einrichtungen regelt.

Österreich hat kein spezifisches (ausländisches) Investitionsgesetz. Eine formelle Zulassung einer ausländischen Investition ist in der Regel nicht erforderlich. Allerdings können einige diskriminierungsfreie nationale und EU-Maßnahmen zur Anwendung kommen (z.B. beim Immobilienerwerb, Kartellrecht, Energiesektor, öffentliche Sicherheit und Ordnung).

INTERNATIONALE RECHTLICHE VERPFLICHTUNGEN

Investitionsverträge

5. Erläutern Sie die bilateralen oder multilateralen Investitionsverträge, denen der Staat beigetreten ist, kurz und geben Sie an, ob sie in Kraft getreten sind.

Bis heute hat Österreich 69 BITs unterzeichnet und ratifiziert, von denen derzeit BITs mit den folgenden 60 Staaten in Kraft sind: Ägypten, Albanien, Algerien, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Bangladesch, Belarus, Belize, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Chile, China, Estland, Äthiopien, Georgien, Guatemala, Hongkong, Iran, Jordanien, Kasachstan, Kosovo, Kroatien, Kuwait, Kirgisistan, Lettland, Libanon, Libyen, Tschechische Republik, Ungarn, Kuba; Litauen, Mazedonien, Malaysia, Malta, Mexiko, Moldawien, Mongolei, Montenegro, Marokko, Namibia, Oman, Paraguay, Philippinen, Polen, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Südkorea, Tadschikistan, Tunesien, Türkei, Ukraine, Vereinigte Arabische Emirate, Usbekistan, Vietnam und Jemen.

Gegenüber Österreich als EU-Mitgliedstaat sind verschiedene Handelsabkommen und Verträge mit Investitionsbestimmungen in Kraft. BITs, die mit Simbabwe (2000), Kambodscha (2004) und Nigeria (2013) unterzeichnet wurden, sind noch nicht in Kraft getreten.

Österreich unterzeichnete den Vertrag über die Energiecharta 1994, gefolgt von einer formellen Ratifizierung im Jahr 1997.

Das wichtigste Abkommen, das auf die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten wartet, ist das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement - CETA), das seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft ist: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte den im CETA verankerten Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten für mit dem EU-Recht vereinbar (Gutachten 1/17 (CETA), EU:C:2019:341). Einen umfassenden Überblick über den Status der von der EU ausgehandelten Freihandelsabkommen finden Sie bequem unter https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2006/december/tradoc_118238.pdf.

6. Geben Sie wenn zutreffend an, ob sich die bilateralen oder multilateralen Investitionsverträge, denen der Staat beigetreten ist, auf überseeische Gebiete erstrecken.

Nicht zutreffend.

7. Hat der Staat Zusatzprotokolle geändert oder abgeschlossen, die bilaterale oder multilaterale Investitionsverträge betreffen, deren Vertragspartei er ist?

Ein Beispiel für diplomatische Notizen, die zum Zweck der Festlegung der beabsichtigten Bedeutung einer BIT ausgetauscht wurden, bezieht sich auf die BIT, die mit Paraguay abgeschlossen wurde und in elektronischer Form unter www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1999_227_3/1999_227_3.pdf verfügbar ist.

8. Hat der Staat einen bilateralen oder multilateralen Investitionsvertrag, dem er beigetreten ist, einseitig gekündigt?

Österreich hat bisher noch kein BIT einseitig gekündigt.

Es muss jedoch betont werden, dass die schlüssigen Auswirkungen der Übertragung von Kompetenzen über Direktinvestitionen auf die EU (siehe Frage 1) noch zu bestimmen sind.

9. Hat der Staat mehrere bilaterale oder multilaterale Investitionsverträge mit sich überschneidender Mitgliedschaft abgeschlossen?

Siehe Frage 1.

ICSID-Konvention

10. Ist der Staat Vertragspartei des ICSID-Übereinkommens?

Das Übereinkommen über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID-Konvention) wurde am 25. Mai 1971 ratifiziert und trat in Bezug auf Österreich am 24. Juni 1971 in Kraft.

Mauritius-Konvention

11. Ist der Staat Vertragspartei des UN-Übereinkommens über Transparenz in der vertragsbasierten Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit (Mauritius-Konvention)?

Österreich ist nicht Vertragspartei des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Transparenz in der vertragsbasierten Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit (Mauritius-Konvention).

Programm des Investitionsvertrags

12. Verfügt der Staat über ein Investitionsvertragsprogramm?

Ja, siehe Frage 5.

REGULIERUNG EINGEHENDER AUSLÄNDISCHER INVESTITIONEN

Investitionsförderungsprogramme der Regierung

13. Verfügt der Staat über ein Programm zur Förderung ausländischer Investitionen?

Das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten und das Ministerium für Europa, Integration und Auswärtige Angelegenheiten unterstützen gemeinsam die österreichischen Investitionsförderungsprogramme.

Zum einen ist das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten vor allem für die wirtschaftliche Förderung ausländischer Investitionen zuständig und veröffentlicht unter www.aws.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Sonstiges/BMDW_InvestInAustria_EN.pdf einen umfassenden Überblick über alle Fördermöglichkeiten für ausländische Investoren.

Auf der anderen Seite bleiben das Ministerium für Europa, Integration und Auswärtige Angelegenheiten und die österreichischen diplomatischen Vertretungen für den Investitionsschutz zuständig und verpflichten sich, die geltenden BITs durchzusetzen und die Exportkontrolle sicherzustellen. Eine Übersicht über die Zuständigkeiten des Ministeriums für Europa, Integration und Auswärtige Angelegenheiten ist unter www.bmeia.gv.at/en/european-foreign-policy/foreign-trade-promotion/ abrufbar.

Anwendbares innerstaatliches Recht

14. Nennen Sie die innerstaatlichen Gesetze, die für ausländische Investoren und ausländische Investitionen gelten, einschließlich aller Anforderungen für die Zulassung oder Registrierung von Investitionen.

Unter Bekräftigung der Offenheit Österreichs für ausländische Investitionen können einige nicht diskriminierende nationale und EU-Maßnahmen anwendbar werden (z.B. beim Erwerb von Immobilien, im Kartellrecht, im Energiesektor, in der öffentlichen Sicherheit und Ordnung usw.). Darüber hinaus ist nach dem österreichischen Außenhandelsgesetz (AußWG) für den "Erwerb durch eine natürliche Person, die nicht Bürger der Europäischen Union, Bürger des EWR oder der Schweiz ist, oder durch eine juristische Person oder Gesellschaft mit Sitz in einem Nicht-EU-Land außer dem EWR und der Schweiz" eine Genehmigung des Wirtschaftsministers einzuholen, wenn der Investor beabsichtigt, eine beherrschende Stellung in Wirtschaftszweigen von besonderer Bedeutung für die Republik Österreich im Sinne des § 25(a)(2) AußWG zu erlangen oder anderweitig zu erwerben.

Das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten arbeitet derzeit an der Novellierung des AußWG und berücksichtigt dabei eng die Verordnung (EU) 2019/452 zur "Schaffung eines Rahmens für das Screening von ausländischen Direktinvestitionen in die Union".

Zuständige Aufsichtsbehörde

15. Benennen Sie die staatliche Behörde, die ausländische Investitionen aus dem Ausland reguliert und fördert.

Siehe Frage 13 oben.

Zuständige Stelle für Streitigkeiten

16. Identifizieren Sie die staatliche Stelle, die bei einem Streitfall mit einem ausländischen Investor mit dem Verfahren beauftragt werden muss.

In Ermangelung einer direkten Bestimmung über Punktfonds in von Österreich abgeschlossenen Investitionsverträgen muss ein Investor die Streitigkeit dem Außenministerium (d.h. dem Ministerium für Europa, Integration und Auswärtige Angelegenheiten) zustellen.

PRAXIS DES INVESTITIONSVERTRAGS

Modell BIT

17. Hat der Staat ein Modell-BIT?

Österreich verfügt über ein 2008 verabschiedetes Modell BIT (Modell BIT). Es ist jedoch entscheidend, daran zu erinnern, dass die überwiegende Zahl der von Österreich unterzeichneten und ratifizierten BITs vor der neuesten Version des Modell-BIT liegt. Eine Einschätzung der Auswirkungen, die das neueste Modell-BIT in der Zukunft haben könnte, ist ebenfalls schwierig.
Eine vergleichende Analyse der BITs, die nach der Einführung des österreichischen Modell-BITs unterzeichnet wurden, zeigt einen Mangel an Einheitlichkeit. Einerseits wurden die Investitionsverträge mit Tadschikistan und dem Kosovo streng nach dem Vorbild des BIT-Modells abgefasst. Umgekehrt führten gleichartige Abkommen mit Kirgisistan und Kasachstan in einigen wichtigen Punkten Änderungen des Muster-BIT ein.
Darüber hinaus werden Investitionsschutzbestimmungen in der Regel Bestandteil von EU-Handelsabkommen mit Drittstaaten, wodurch der mit dem Modell-BIT angestrebte Zweck eingeschränkt wird.
Was den Inhalt des Modell-BIT betrifft, so hat Österreich mit Sicherheit eine prägnante, funktionale und fortschrittliche Plattform für einen erfolgreichen Schutz ausländischer Investitionen vorgelegt. Die wichtigsten Bestimmungen gewährleisten:
  • Gleichbehandlung ausländischer Investoren im Vergleich zu nationalen Investoren oder Investoren aus Drittländern;
  • Verpflichtung zu einer fairen Behandlung nach den Standards des internationalen Rechts (eng geregelte Enteignung, Zahlungen im Zusammenhang mit einer Investition müssen ohne Einschränkungen erfolgen, usw.); und
  • effektive Streitbeilegung vor:
    • nationale Gerichte;
    • das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID);
    • einen Einzelschiedsrichter oder ein Ad-hoc-Schiedsgericht, das nach der Schiedsgerichtsordnung der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) eingerichtet wurde; und
    • einen Einzelschiedsrichter oder ein Ad-hoc-Tribunal nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC).

Weitere Besonderheiten des Modell-BIT sind eine charakteristische Definition der Begriffe "Investor" und "Investition" sowie eine recht weitreichende Dachklausel. Ein Kommentar, in dem wichtige Aspekte des Modell-BIT ausführlicher behandelt werden, ist bequem online zugänglich: www.iisd.org/pdf/2012/austrian_model_treaty.pdf

Vorbereitende Materialien

18. Verfügt der Staat über einen zentralen Aufbewahrungsort für Vertragsvorbereitungsmaterialien? Sind solche Materialien öffentlich zugänglich?

Alle verfügbaren Begleitmaterialien zu allen vom Parlament der Republik Österreich ratifizierten internationalen Verträgen sind offiziell in elektronischer Form unter www.parlament.gv.at/PAKT/ zugänglich. Während das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten deutsche Fassungen der ratifizierten BITs mit den begleitenden Instrumenten auf seiner Website zur Einsichtnahme und öffentlichen Prüfung zur Verfügung stellt (www.bmdw.gv.at/Themen/International/Handels-und-Investitionspolitik/Investitionspolitik/BilateraleInvestitionsschutzabkommen-Laender.html), sind englische Fassungen sowie ggf. Übersetzungen in anderen Sprachen unter http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA/CountryBits/12 abrufbar.

Vorbereitende Materialien

18. Verfügt der Staat über einen zentralen Aufbewahrungsort für Vertragsvorbereitungsmaterialien? Sind solche Materialien öffentlich zugänglich?

Alle verfügbaren Begleitmaterialien zu allen vom Parlament der Republik Österreich ratifizierten internationalen Verträgen sind offiziell in elektronischer Form unter www.parlament.gv.at/PAKT/ zugänglich. Während das Bundesministerium für digitale und wirtschaftliche Angelegenheiten deutsche Fassungen der ratifizierten BITs mit den begleitenden Instrumenten auf seiner Website zur Einsichtnahme und öffentlichen Prüfung zur Verfügung stellt (www.bmdw.gv.at/Themen/International/Handels-und-Investitionspolitik/Investitionspolitik/BilateraleInvestitionsschutzabkommen-Laender.html), sind englische Fassungen sowie ggf. Übersetzungen in anderen Sprachen unter http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA/CountryBits/12 abrufbar.

Geltungsbereich und Abdeckung

19. Was ist der typische Geltungsbereich von Investitionsverträgen?

Qualifikationen von Investoren

Die von Österreich abgeschlossenen Investitionsverträge (siehe Frage 5) enthalten eine Reihe von rechtlichen Voraussetzungen, die ein ausländischer Investor erfüllen muss, um materiellrechtlich geschützt zu sein. Während sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen (d.h. Unternehmen) im Allgemeinen als "Investoren" angesehen werden können, gibt es zusätzliche Anforderungen:

  • Grundsätzlicher Ort der Gründung/des Geschäfts: Artikel 1(3) Muster-BIT definiert Unternehmen unter anderem als "nach dem anwendbaren Recht einer Vertragspartei gegründet oder organisiert". Das Sitzerfordernis ist in mehrfach abgeschlossenen BIT ausdrücklich festgelegt (siehe z.B. Artikel 1(2) Österreich-Weißrussland BIT; Artikel 1(2)(b) Österreich-Argentinien BIT; etc). Das Erfordernis des Sitzes kann in einigen Fällen durch die Begründung eines (prä-)beherrschenden Einflusses auf den Investor durch ein Unternehmen einer der Vertragsparteien ersetzt werden (siehe z.B. Art. 1(2)(c), BIT Österreich-Ägypten; Art. I(2), BIT Österreich-Kuwait; usw.).
  • Durchführung substanzieller Geschäftstätigkeiten: Artikel 1(3) des Modell-BIT besagt weiter, dass das Unternehmen "substanzielle Geschäftstätigkeiten [im Gastland] durchführen" sollte. Im Einklang mit dem Vorstehenden berufen sich einige BITs auf die Verpflichtung zu einer echten Geschäftstätigkeit (siehe z.B. Artikel 1(2)(b), BIT Österreich-Chile).
  • Inkonsistente Qualifikationen je nach Vertragspartei: Eine beachtliche Anzahl von BITs definieren Anforderungen, die an die Definition des "Investors" geknüpft sind, unabhängig für jede Vertragspartei (siehe z.B. Artikel I(2), Österreich-Kuwait BIT).
  • Leistungsverweigerung: In Übereinstimmung mit dem Muster-BIT verweigern eine Reihe von abgeschlossenen BITs ausdrücklich den Schutz in den Fällen, in denen die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Das Paradebeispiel für eine solche Regelung findet sich in Artikel 10, Österreich-Usbekistan BIT, in dem es heißt: "Eine Vertragspartei kann einem Investor der anderen Vertragspartei und dessen Investitionen die Vorteile dieses Abkommens versagen, wenn Investoren einer Nichtvertragspartei Eigentümer des erstgenannten Investors sind oder diesen kontrollieren und dieser Investor im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, nach deren Recht er gegründet wurde oder organisiert ist, keine wesentliche Geschäftstätigkeit ausübt".

 

Definition von 'Investition'.

Geschützte "Investitionen" im Rahmen des Modell-BIT umfassen alle Vermögenswerte, die "direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle des geschützten Investors stehen". Diese zugegebenermaßen vom Vorstand festgelegte Definition wird durch zusätzliche Erwägungen, die von den geltenden BITs auferlegt werden, etwas eingeschränkt:

  • Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Investitionen: Während die überwiegende Zahl der von Österreich abgeschlossenen Investitionsverträge (siehe Frage 5 oben) in beiden Fällen einen Schutz befürworten, gehen einige nicht so weit, dass sie indirekten oder nicht gewinnorientierten Investitionen Schutz gewähren (siehe z.B. Artikel 1(1), Österreich-Iran BIT).
  • Territoriales Erfordernis und Rechtmäßigkeit: Investitionen sind generell geschützt, wenn sie auf dem Territorium einer Vertragspartei und in Übereinstimmung mit den Gesetzen und Vorschriften dieser Partei getätigt werden (siehe z.B. Artikel 1(3), Österreich-Malaysia BIT).
  • Fragen der rückwirkenden Deckung: Die überwiegende Mehrheit der von Österreich abgeschlossenen Investitionsverträge gewährt entweder Schutz für Investitionen, die ab einem besonders festgelegten Datum getätigt werden (siehe z.B. Artikel 9, Österreich-Russland-BIT), oder macht keinen Unterschied bei der Gewährung von Schutz für Investitionen, die vor und nach dem Datum des Inkrafttretens des Vertrages getätigt wurden (siehe z.B. Artikel 24, Österreich-Kuba-BIT).

Schutzmaßnahmen

20. Welche materiellen Schutzmaßnahmen sind in der Regel verfügbar?

Investitionsverträge, die von Österreich abgeschlossen werden, sehen in der Regel folgende Schutzbestimmungen vor, die nur in Ausnahmefällen einer sehr restriktiven Sichtweise unterliegen:

  • faire und gerechte Behandlung (FET);
  • Schutz vor Enteignung (direkt und indirekt);
  • Meistbegünstigungsschutz (MFN);
  • Nicht-Diskriminierung/Schutz der nationalen Behandlung;
  • voller Schutz und Sicherheit; und-Schirmklausel.

Beilegung von Streitigkeiten

21. Welches sind die am häufigsten genutzten Möglichkeiten der Streitbeilegung bei Investitionsstreitigkeiten zwischen ausländischen Investoren und Ihrem Staat?

Österreichische BITs sehen in den meisten Fällen ein institutionelles ICSID-Schiedsverfahren oder ein UNCITRAL-Ad-hoc-Verfahren als das für die Beilegung von Streitigkeiten aus dem jeweiligen BIT zu wählende Forum vor. Im Gegensatz zu den erstgenannten sehen einige BITs darüber hinaus eine zusätzliche Option für ein Schiedsverfahren nach den Regeln der Stockholmer Handelskammer (SCC) (siehe z.B. Artikel 7, Österreich-Russland-BIT) oder der Internationalen Handelskammer (ICC) (siehe z.B. Artikel 11, Österreich-Kuba-BIT) vor.

Vertraulichkeit

22. Gibt es eine etablierte Praxis des Staates, bei Investitionsschiedsverfahren Vertraulichkeit zu verlangen?

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

Versicherungen

23. Verfügt der Staat über eine Investitionsversicherungsagentur oder ein Investitionsversicherungsprogramm?

Österreichische Investoren können im Rahmen des Übereinkommens zur Errichtung der Multilateralen Investitionsgarantie-Agentur eine Versicherung für Investitionen in Entwicklungsländern beantragen. Österreich ist seit 1997 eines der 25 Industrieländer, die diesem Gesetz beigetreten sind.

Österreichische Investoren können darüber hinaus eine Absicherung von Auslandsinvestitionen gegen politische Risiken beantragen. Die "G4-Garantie" der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) ist generell für Märkte außerhalb der EU und der OECD vorgesehen. Einen bequemen Überblick über die Dienstleistungen finden Sie unter: www.oekb.at/en/export-services/covering-and-financing-investments-and-participation/political-coverage-of-foreign-investments.html

GESCHICHTE DER INVESTITIONSSCHIEDSGERICHTSBARKEIT

Anzahl der Schlichtungen

24. An wie vielen bekannten Schiedsverfahren zu Investitionsverträgen war der Staat beteiligt?

Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels war Österreich aktiv an einem einzigen öffentlich bekannten Investor-Staat-Schiedsverfahren beteiligt: BV Belegging-Maatschappij "Ferner Osten" gegen die Republik Österreich (ICSID-Fall Nr. ARB/15/32). Das Verfahren wurde im Juli 2015 im Rahmen des BIT eingeleitet, das Österreich 2002 mit Malta abgeschlossen hatte (in Kraft seit März 2004). Der umziehende Investor behauptete dabei, dass Österreich:

  • willkürliche, unangemessene oder diskriminierende Maßnahmen verhängt;
  • den vollen Schutz und die Sicherheit verweigert;
  • geltende Verbote der direkten und indirekten Enteignung verletzt hat; und
  • eine faire und gerechte Behandlung verweigert.

Das Schiedsgericht wies die Klagen im Oktober 2017 aus Zuständigkeitsgründen ab, nachdem im März desselben Jahres eine Anhörung zu einem Punkt stattgefunden hatte, der im März desselben Jahres aufgekommen war.

Branchen und Sektoren

25. Betreffen die Investitionsschiedsverfahren, an denen der Staat beteiligt ist, in der Regel bestimmte Branchen oder Investitionsbereiche?

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

Auswahl des Schiedsrichters

26. Hat der Staat in der Vergangenheit Versäumnismechanismen für die Ernennung von Schiedsgerichten eingesetzt oder hat der Staat in der Vergangenheit bestimmte Schiedsrichter ernannt?

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

Verteidigung

27. Wehrt sich der Staat typischerweise gegen Investitionsansprüche? Geben Sie Einzelheiten über den internen Rechtsbeistand des Staates bei Investitionsstreitigkeiten an.

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

VOLLSTRECKUNG VON SCHIEDSSPRÜCHEN GEGEN DEN STAAT

Durchsetzungsvereinbarungen

28. Ist der Staat Vertragspartei internationaler Abkommen über die Vollstreckung, wie z.B. des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958?

Österreich ist am 2. Mai 1961 dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (New Yorker Convention) beigetreten. Die New Yorker Convention gilt für Österreich uneingeschränkt, da der ursprüngliche Reziprozitätsvorbehalt 1988 zurückgezogen wurde.

Einhaltung von Auszeichnungen

29. Kommt der Staat in der Regel freiwillig den gegen ihn verhängten Investitionsverträgen nach?

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

Ungünstige Auszeichnungen

30. Falls nein, wendet sich der Staat gegen ungünstige Schiedssprüche an seine inländischen Gerichte oder an die Gerichte, bei denen das Schiedsverfahren stattfand?

Nicht zutreffend (siehe Frage 24).

Bestimmungen, die die Durchsetzung behindern

31. Geben Sie Einzelheiten zu allen innerstaatlichen Rechtsvorschriften an, die die Vollstreckung von Schiedssprüchen gegen den Staat in seinem Hoheitsgebiet behindern können.

Der österreichische Gesetzgeber unterscheidet klar zwischen den Regeln zur Vollstreckung inländischer (d.h. in Schiedsverfahren mit vereinbartem Schiedsgerichtsort in Österreich) und ausländischer (d.h. in Schiedsverfahren mit vereinbartem Schiedsgerichtsort außerhalb Österreichs) Schiedssprüche.

Im Falle der ersteren sieht § 1 des österreichischen Vollstreckungsgesetzes (EO) vor, dass nicht anfechtbare inländische Schiedssprüche (einschließlich Vergleichsvereinbarungen) direkt als inhärent verleihende Vollstreckungstitel vollstreckt werden können.

Im Gegensatz dazu verlangt Titel III EO (§ 403 ff.) die förmliche Anerkennung ausländischer Schiedssprüche vor der Vollstreckung im Inland, es sei denn, die Schiedssprüche sollen ohne vorherige gesonderte Vollstreckbarerklärung aufgrund eines anwendbaren internationalen Abkommens (z.B. Verträge mit geltender Verpflichtung zur Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung) oder eines Rechtsakts der Europäischen Union vollstreckt werden.

Gemäß Artikel IV(1)(a) New Yorker Convention muss ein Antragsteller, der die Anerkennung eines Schiedsspruchs beantragt, das Original des Schiedsspruchs (oder eine beglaubigte Kopie) sowie die Original-Schiedsvereinbarung (oder eine beglaubigte Kopie) vorlegen. § 614(2) ZPO stellt insoweit die Entscheidung, ob der Antragsteller aufgefordert wird, die entsprechende Schiedsvereinbarung (oder eine beglaubigte Abschrift) vorzulegen, in das Ermessen des Richters. Da die zuständigen Bezirksgerichte nur prüfen, ob die Formerfordernisse erfüllt sind, hat der Oberste Gerichtshof dies eher formalistisch gehandhabt - sie verlangen eine Prüfung, ob der im Antrag auf Vollstreckungsermächtigung angegebene Name des Schuldners mit dem im Schiedsspruch angegebenen Namen übereinstimmt.

Zusätzlich zu den genannten Bestimmungen kann ein Schiedsspruch vorbehaltlich des § 606 ZPO erlassen werden, wonach der Schiedsspruch schriftlich abgefasst und von den Schiedsrichtern unterzeichnet werden muss. Mangels einer Vereinbarung der Parteien können weitere Formerfordernisse anwendbar sein.

Österreichische Gerichte sind nicht berechtigt, einen Schiedsspruch in der Sache selbst zu überprüfen. Gegen einen Schiedsspruch gibt es keine Berufung. Es ist jedoch möglich, gegen einen Schiedsspruch (sowohl gegen einen Schiedsspruch über die Zuständigkeit als auch gegen einen Schiedsspruch in der Sache) ein gerichtliches Verfahren zur Aufhebung des Schiedsspruchs aus ganz bestimmten, eng begrenzten Gründen einzuleiten, nämlich

  • das Schiedsgericht die Zuständigkeit akzeptiert oder verweigert, obwohl keine Schiedsvereinbarung oder eine gültige Schiedsvereinbarung besteht;
  • eine Partei nach dem für sie geltenden Recht nicht in der Lage war, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen;
  • eine Partei nicht in der Lage war, ihren Fall darzulegen (z.B. wurde sie nicht ordnungsgemäß über die Ernennung eines Schiedsrichters oder das Schiedsverfahren informiert);
  • der Schiedsspruch eine Angelegenheit betrifft, die in der Schiedsvereinbarung nicht in Betracht gezogen wird oder nicht unter diese fällt, oder Fragen betrifft, die über die in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche hinausgehen; wenn solche Mängel einen abtrennbaren Teil des Schiedsspruchs betreffen, muss dieser Teil aufgehoben werden;
  • die Zusammensetzung des Schiedsgerichts nicht den §§ 577 bis 618 ZPO oder der Vereinbarung der Parteien entsprach;
  • das Schiedsverfahren nicht oder der Schiedsspruch nicht den Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) entsprach; und
  • wenn die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines Verfahrens vor einem inländischen Gericht nach § 530 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

Ländern wird nur im Rahmen ihrer souveränen Kapazität souveräne Immunität für Handlungen gewährt. Die Immunität gilt nicht für Handlungen privater kommerzieller Natur. Ausländische Vermögenswerte in Österreich sind daher je nach ihrem Verwendungszweck von der Vollstreckung ausgenommen: Wenn sie ausschließlich für private Geschäfte verwendet werden sollen, können sie beschlagnahmt und der Vollstreckung unterworfen werden; wenn sie jedoch zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse (z.B. Botschaftsaufgaben) bestimmt sind, dürfen keine Vollstreckungsmaßnahmen angeordnet werden. In einer diesbezüglichen Entscheidung kam der OGH zu dem Schluss (vgl. 3 Ob 18/12), dass eine generelle Immunität für Staatsvermögen nicht vorgesehen ist, sondern dass es Aufgabe des verpflichteten Staates ist, bei Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens nach § 39 EO nachzuweisen, dass er mit hoheitlicher Gewalt gehandelt hat.

In Ermangelung einer aufschlussreichen Rechtsprechung mag es vernünftig sein, den Schluss zu ziehen, dass das Durchstoßen des Unternehmensschleiers in Bezug auf Staatsvermögen rechtlich zulässig wäre, solange die Vorschriften über den Umfang der Staatenimmunität durch die Erfüllung der geltenden gesetzlichen Anforderungen an das Durchstoßen des Unternehmensschleiers ergänzt werden.

AKTUALISIERUNGEN UND TRENDS

Die wichtigsten Entwicklungen des vergangenen Jahres

32. Gibt es in Ihrem Zuständigkeitsbereich neue Trends oder heiße Themen?

Zur Verpflichtung Österreichs, bis 6. Dezember 2019 "alle bilateralen Investitionsverträge zwischen [EU-Mitgliedstaaten] durch einen multilateralen Vertrag oder, wo dies gegenseitig als zweckmäßiger anerkannt wird, bilateral zu beenden", siehe Frage 1.